Im Folgenden ein Einblick in dieses hochemotionale Erlebnis – erzählt aus der Sicht des Teilnehmers:
„Warum machst du das?“
Es gibt kaum eine Frage, die ich – oft begleitet von einem verständnislosen Kopfschütteln - in den letzten Monaten und Jahren häufiger gehört habe. Wer dies hier liest, kennt mich (zumindest ein bisschen) und weiß vermutlich, was mit „das“ gemeint ist: das Maß, mit welchem ich mein Hobby Rennradfahren betreibe, was ich meinem Körper mit dem Training auf gewisse Events mitunter abverlange und darauf, dass Karl-Heinz Durchschnittsbürger niemals so viel Zeit dafür aufbringen könnte. Man hat ja schließlich noch eine Familie, Verpflichtungen (langweilige Familienfeiern oder die WhatsApp-Probleme der Mutter zählen dazu) und der Rasen muss ja auch gemäht werden.
Oft klingt durch, ich sei mit 52 Jahren zu alt, um einfach mal kurz von Asperg ohne nennenswerte Pause 650 Kilometer nach Hamburg oder (wie ganz aktuell beim RaceAroundAustria) 560 km mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 30 km/h durch eine ganze Nacht hindurch und nur mit Pinkelpausen (ohne Händewaschen 😊). Alles richtig.
Wir haben aber nur dieses eine Leben und damit nur diese eine Chance, es zu einem möglichst großen Prozentsatz damit zu füllen, was zur inneren Zufriedenheit beiträgt. Dieses „Füllmaterial“ und die jeweilige Dosis sieht bei jedem Menschen anders aus: bedarfs-/hungerunabhängige Nahrungszufuhr, Kettenrauchen, viel zu dicke Bücher lesen, sich ständig ein neues Tattoo mit einer besonderen Bedeutung stechen lassen, mit einer Flasche Feierabend-Bier in der Hand Netflix schauen, sich irgendeinen weiteren Fummel zu kaufen und anschließend das eigene Spiegelbild feiern oder den ganzen Tag in sozialen Netzwerken oder in der Muckibude herumhängen.
Ich fahre eben ständig (für andere Leute zu viel) Rad. Ich brauche es aber, denn es gibt so viele Dinge, die ich tun MUSS - ob es mir nun gefällt oder nicht, ob ich dazu Lust habe oder nicht und unabhängig davon, ob sie mich im Leben weiterbringen oder nicht: jeden Tag im Job „abzuliefern“, auch im Regen mit dem Hund raus zu gehen, ständig die Haare schneiden zu lassen, mich täglich zu rasieren oder mich nach Feierabend auf dem Heimweg mit nur einem Netz Zwiebeln in einer ewig (!) langen Kundenschlange im Discounter an der Kasse anzustellen, weil die Ehefrau einen mit vielen Herzchen in der WhatsApp-Nachricht darum gebeten hat (ich mag übrigens keine Zwiebeln im Kartoffelsalat!). Solche Dinge werden bei mir ab 30 km/h und nach ca. 80 Kilometern auf dem Rennrad einfach von der Festplatte gelöscht.
Diese Frage nach dem WARUM stellten mir aber Menschen, die mir nahestehen, aus einem anderen Grund und sie bezieht sich mitnichten auf meine Arbeitsleistung, die Vernachlässigung unseres Hundes, meine Körperpflege oder darauf, dass ich meiner Frau nicht sagen kann, dass sie sich gefälligst einen Einkaufszettel schreiben soll. Sie machen sich Sorgen. Sie haben Angst um mich, meine Gesundheit oder fürchten gar, dass eines Tages an irgendeinem weißen „Ghostbike“ am Straßenrand mein Name auf dem Rahmen stehen wird.
Neben meiner Frau und meinen Töchtern, die sich sehr um mich, meine Knochen und meine Gesundheit sorgen, schlägt mir neben Unverständnis natürlich auch Bewunderung entgegen. Ich bin ehrlich: DAS treibt natürlich an, bestätigt und ermutigt mich. Es macht mich schlichtweg stolz, wenn ich mit Jungs mithalten kann (oder ihnen davonfahre), die nur halb so alt sind wie ich und es erzeugt ein tolles Gefühl, wenn einem in den entsprechenden WhatsApp-Gruppen oder auf Plattformen wie STRAVA dafür Anerkennung entgegenschlägt (die sehen ja nicht, dass ich drei Tage nach einem solchen Rennen noch auf allen Vieren im Haus herumkrieche).
Selbst der eine oder andere halb-spöttische Kommentar, versteckter oder gar unverhohlener Neid oder Menschen, die nur an mir als Sportler und nicht als Mensch interessiert sind, sind für mich Faktoren, die mich antreiben und ich kehre auch diese in positive Impulse um.
Es ist nämlich nicht wichtig, was andere Menschen davon halten, was Du tust – solange es niemandem schadet. Was mich betrifft: Es macht mich im Kopf frei (O-Ton meiner Frau nach dem einen oder anderen Arbeitstag: „Gott, bist du heute mies drauf. Wann gehst du wieder radeln?“), ich baue in Rekordzeit Stress ab, ich fühle mich lebendig, habe einen besseren Bezug zur Natur bekommen und achte sehr (und mehr als früher) auf meine Gesundheit (ich esse Bio, rauche nicht und lasse mich ständig untersuchen) und es macht mich schlichtweg glücklich.
Wir leben nicht ewig und haben nicht ewig Zeit, das zu tun, worauf wir mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht in Gedanken zurückblicken können, wenn uns der Pfleger im Seniorenheim zum 15 Uhr-Kaffee in den Gemeinschaftssaal schiebt.
DARUM mache ich „das“. - Auch die Teilnahme am RaceAroundAustria. Unterstützt von meinem Sponsor (Heuer Radsport), zwei Arbeitskollegen (Dennis und Patrick) und einer Physiotherapeutin/Ernährungsberaterin startete ich um 17:50 Uhr die 560 Km-Tour rund um unser Nachbarland.
Wer Details, Fakten und Anekdoten lesen, sehen und hören will, muss jetzt dranbleiben. Alle anderen haben zumindest einen kleinen Einblick erhalten, warum ich das mache.
Aufi geht´s!
"Da will ich hin!" 🏆
Am Vortag nochmal schnell auf dem Gartentisch die Bremsen entlüften..." (Meine Frau fand’s nicht so toll...) 🙄
Das Begleitfahrzeug ist beklebt und keiner hatte was zu meckern...👍🏼👍🏼👍🏼
Letzte Abstimmung und logistisches Finetuning ...
Meine Crew: Joachim, Philipp, Patrick, Heike Heuer und Dennis 🎉
Und ab gehts! Nur noch läppische 560 Kilometer liegen noch vor mir...
So sieht das von hinten aus. Hier wirds schon langsam dunkel..... Es war etwa 21 Uhr
Halbzeit!! ⏰mit Philipp
Was für eine geile Kulisse, oder?
Da fahre ich ausnahmsweise so, wie es auf dem Schild steht. 🏔⛰😍
Total fertig.
Danke, Philipp! 👮♂️ 🚦😍
Angekommen!!!!
DANKE an meine Kollegen Patrick Pecher und Dennis Keilus sowie Jo Jo, Philipp Heizmann und meiner Physiotherapeutin, Ex-Formel1-Fahrerin und Ernährungsexpertin Heike Heuer. 😘😍💕
Das hat auf uns zuhause gewartet! Habe keinen Krümel übriggelassen und schmeckte viel besser als das Fresubin, welches mir 20 Stunden lang immer aus dem Seitenfenster des Begleitfahrzeuges kredenzt wurde. 🍖🍴😋
Jetzt herrscht wieder Frieden auf meiner Seite der Garage! 🚲✌️ 🕊
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