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Andi H.

Tour de MontBlanc - Mein erster 9000er

Aktualisiert: 20. Juli 2023

2022. Schon wieder ein Jahr "nach Corona". Drei Mal wurde die Tour du Mont Blanc verschoben. 2022 findet sie statt.


Was steht an: 340km. 9300 Höhenmeter. Es geht einmal rund um Europas höchsten Berg (klingt einfach) über 8 Pässe. Der Plan: 16,5 Stunden unterwegs sein.


Das Hotel in Les Saises ist gut gewählt. 300m bis zum Start/Ziel. Die offiziellen 23°C um 14:00Uhr am Freitag fühlen sich trotz 1600m Höhe wie 33°C an. Abends wieder die Frage: woher kommt der Spruch "Essen wie Gott in Frankreich" und warum hatte die Person was gegen Gott? Hat den Spruch Nietzsche aufgebracht? Es gibt halbdurchgebackene Pizza auf die Hand. Die beiden Polen neben uns entsorgen sie gleich in den Müll. Die haben sich die Vorabendverpflegung auch anders vorgestellt. Werden das Ziel morgen aber trotzdem erreichen.

Der Wecker klingelt um 04:00Uhr. Kurz einen Joghurt und ein paar Kekse. Um 05:00 Uhr geht es los. Wir sind 456 Starter. 350 davon werden bis morgen/Sonntag um 01:30 Uhr im Ziel sein.


Es geht erst einmal im Stockdunklen bergab. Ich sehe nix, fahre einfach den roten Lichtern vor mir hinterher. Die Straße ist schlecht und ich will das bei 60km/h auch gar nicht so genau wissen ;-) Uhps. Da schlief eine Kuh auf der Straße.

Um 05:30 wird es hell. Ich habe einen sensationellen Blick auf Bergkuppen und den Mont Blanc beim Sonnenaufgang. Dafür hat sich das frühe Aufstehen schon mal gelohnt (das wird man nur ganz ganz selten von mir hören). Die Gruppe ist groß, aber keiner will fahren. Also fahre ich mal vorne und am Berg einfach weiter, bis die Lutscher nach hinten wegfallen. Schlecht für's Karma. Gut für die Moral und mein Seelenheil ;-). Außerdem waren es wahrscheinlich eh hauptsächlich Franzosen.


Was jetzt schon nervt: die - eigentlich verbotenen - Begleitfahrzeuge. Das wird später noch mehr und ist schon unfair: die Fahrer mit Begleitfahrzeug müssen weniger mitschleppen und kriegen Essen und Trinken immer, wann sie wollen.


Nach 3 Pässen ist an der 2. Verpflegungsstation das erste Zeitlimit. Ich habe 40min Luft. Die Schweiz ist mittlerweile erreicht und bei der letzten Abfahrt hätte ich gerne einen Fotografen mit Drohne gehabt. Das wären geile Bilder mit dem kleinen Andi drauf geworden. So habe ich einfach mal 2 Minuten langsam gemacht und die Bilder im Kopf gespeichert. Noch 5 Pässe bis zum Ziel.


Jetzt kommt der erste 2000er Pass des Tage: Großer Sankt Bernhard. Die Temperatur steigt auf 37°C, Wasser wird knapp und unsere Gruppe hält an der Tankstelle um Wasser zu kaufen. 2 Liter Wasser verschwinden einfach in und auf mir. Gekühlt geht es weiter. Ich fühle mich gut. Die 5km lange und breite Straße durch die Gallerie ist häßlich, sorgt aber für Kühlung. Bezahlt wird mit "Blick auf Beton statt Berge". Schöner wird es, als die breite Straße in den St.-Bernhard-Tunnel führt und wir "raus" dürfen. Auf die eigentliche Passstraße. Jetzt geht es immer um die 10% bergauf. Oben angekommen sind 158km und 4600 Höhenmeter geschafft. Andere Radmarathons sind hier zu Ende, heute geht es erst richtig los. Auf ins gelobte Land (Italien). Freu.

Der Spaß auf der Abfahrt ins Aosta-Tal wird durch starken Wind (Wetterbericht 30km/h-40km/h mit Böen bis 70km/h) gemindert. Unten lande ich in einem Heißluft-Backofen. Die nächsten 1,5h immer über 40°C und Wind. Die Nebenstraßen sind schön, aber leider ohne Schilder. Hmmm, bin ich hier richtig? Mir kommt ein Fahrer entgegen, der umgedreht hat. Ich überrede ihn mit mir weiter zu fahren. Wird schon irgendwie. Wird es auch.

In Italien halte ich an jedem Brunnen an, um das warme Wasser der Flasche gegen kaltes zu tauschen. Kostet zwar Zeit, aber ich komme ohne Hitzeprobleme durch.


Ein paar Kilometer nach der Verpflegungsstelle Salle (noch 3 Pässe bis zum Ziel) geht es hoch zum "Kleinen Bernie". Schöne Straße und Ausblicke auf die Berge allgemein und immer wieder auch auf den Mont Blanc. Die Abfahrt nach Bourg St. Maurice ist schnell und leider bald erledigt. An der Verpflegung im Ort noch mal ordentlich essen und Wasser einpacken. Jetzt geht es 20km bergauf. Oben am Cormet de Roselend ist es um 20:45 Uhr empfindlich kalt. Jetzt hätte ich gerne eine warme Weste oder mindestens eine Zeitung für's Trikot. Den ersten Teil der Abfahrt habe ich noch Dämmerung, untem im Wald dann: Dunkelheit. Schwarz. Und Straßen mit Rollstplitt und Löchern. Die Straße wäre schon im Hellen grenzwertig, aber nachts eine echte Herausforderung. Wir sind zu zweit und kriechen die Straße mit 15km/h-20km/h runter.


Am Abzweig kurz vor Beaufort stehen gut 10 Begleitfahrzeuge, ansonsten wären wir da vorbei gefahren, denn das Schild ist im Dunkeln "unsichtbar". Es ist 22:05 Uhr und es bleiben noch 16km und 900 Höhenmeter bis ins Ziel. Jacke und Armlinge an (ja, an, es ist richtig böse kalt) und hoch geht's. Mein Licht ist scheiße. Eine Helmlampe wäre hilfreich. Mein letzter Vorsatz für heute: die ganzen "Begleitfahrzeug"-Radfahrer abhängen. Die Befriedigung will ich noch haben. Schaffe ich bei den meisten auch und um 23:30 Uhr bin ich im Ziel.


Das war's dann also. 18:30h unterwegs. 16:45h Fahrzeit. Den ganzen Tag strahlend blauer Himmer. Temperatur zwischen 8°C und 44°C. 10 Geltütchen. 8 Bars. 2 Teller Nudeln. Unzählige Kekse, Orangen, Bananen, Trinkflaschen. Schnelle Abfahrten und angenehme Steigungen. Relativ viele flache Abschnitte. Organisation: nicht vorhanden.


Die Fakten: 332km, 9300 Hm, 8°C - 44°C, im Aostatal starker Wind, 8 Pässe; 18,5h (16,75h Fahrzeit) unterwegs gewesen.



Was bleibt? Schöne Bilder im Kopf. Einige schöne Pässe. Ich muss nie wieder nach Frankreich :-)! Würde ich es noch einmal machen? Nein. Warum? Franzosen. Zu viele flache Abschnitte. Würde ich etwas anders machen (hinterher ist man ja immer klüger)? Besseres Licht. Warme Kleidung (oder eine Zeitung) mitnehmen. Würde ich etwas empfehlen? Essen. Trinken. Etwas Warmes für die Brust. Was sind die schönsten Erinnerungen? Die Ausblicke auf der Abfahrt nach Martigny, der Große Bernie, die Ausblicke in der Morgendämmerung, die persönliche Befriedigung es geschafft zu haben.

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